Seit 75 Jahren produziert die Firma Linhardt Kunststofftuben in Hambrücken – Leonie Schwarz (BNN)
Große Vielfalt: Produktionsleiter Rüdiger Krell zeigt eine Auswahl an Tuben, die in dem Hambrücker Werk produziert werden. Fotos: Leonie Schwarz
Hambrücken. Shampoo, Sonnencreme und Zahnpasta: Viele Plastiktuben bevölkern das heimische Badezimmer. Was viele nicht wissen: Produziert werden viele dieser Tuben im Werk der Firma Linhardt in Hambrücken. Das Werk feiert nun 75-jähriges Bestehen.
Seit 1947 steht das große Gebäude am Ortseingang von Hambrücken. Betrieb ist um jede Tages- und Nachtzeit. „Hier arbeiten 20 Nationalitäten unter einem Dach“, berichtet Werksleiter Michael Ring. Insgesamt sind an dem Standort 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Früher schien das ganze Dorf in der Tubenfabrik zu arbeiten. Dass die Firma eng mit Hambrücken verbunden ist, merkte man auch regelmäßig beim Rentnertreffen im Juni. „Es war sehr interessant, zu hören, wie es früher lief “, sagt Ring. Die ehemaligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seien stolz auf das langjährige Bestehen des Werks, so Ring. Und auch die jetzigen Angestellten spürten eine große Identifikation mit dem Betrieb, sagen Ring und Produktionsleiter Rüdiger Krell.
Seine Frau gehe nicht mehr mit ihm in den Drogeriemarkt, erzählt Krell. „Ich stehe dann lange vor dem Regal, schaue mir unsere Tuben an und vergleiche sie mit denen anderer Hersteller.“ Lange suchen muss er dafür nicht. Von Balea über Weleda bis hin zu L ÌOréal: Jede dritte Kunststofftube auf dem deutschen Markt komme aus Hambrücken.
Doch in den Regalen finden sich auch immer mehr nachhaltigere Alternativen zur Plastiktube. Kann die Firma trotzdem bestehen? „Die Plastiktube hat ganz klar eine Zukunft. Es wird immer Produkte geben, die nur in Plastik verpackt werden können“, meint Ring. Die Firma Linhardt arbeite ständig daran, nachhaltigere Alternativen zu entwickeln. „Wir arbeiten viel mit recyceltem Kunststoff. Außerdem haben wir die Wände unserer Tuben dünner gemacht. So sparen wir Kunststoff ein“, sagt Ring. Für die Kunden habe Nachhaltigkeit oberste Priorität. Durch die Pandemie habe es keine großen Einschränkungen in der Produktion gegeben, sagt Krell. Nur in der Lagerhalle sieht man eine Veränderung. Eigentlich wird das Kunststoffgranulat von Tanklastern direkt in die Silos gefüllt.
„Während der Pandemie haben wir nun Säcke mit dem Granulat hier eingelagert“, erläutert Produktionsleiter Krell. So soll garantiert werden, dass die Produktion auch bei Lieferschwierigkeiten weiterlaufen kann. 190 bis 200 Millionen Tuben im Jahr werden in Hambrücken produziert. Alle Designs laufen zuerst über den Schreibtisch von Julia Fischer und ihrem Kollegen. Die Mediengestalterin absolvierte ihre Ausbildung bei Linhardt, nun arbeitet sie seit acht Jahren in der Firma. „Ich kontrolliere hier die Druckdaten, die uns zugeschickt werden und passen sie an“, erzählt Fischer. In den zwei Produktionshallen tönen die Maschinen. Aus dem geschmolzenem Granulat entsteht durch ein Vakuum zunächst ein Endlosschlauch, der dann in kürzere Röhren geschnitten wird. In der Druckmaschine rollen die Tubenhülsen über Druckplatten, die wie Stempel das Design übertragen. UV-Licht trocknet die Lackierung. Diese sorgt dafür, dass die Farbe hält. Dann wird die „Tubenschulter“ mit der Öffnung angebracht und der Schraubverschluss aufgedreht. Marina Barakov wirft noch einmal einen Blick auf die fertigen Tuben. Wenn der Kunde es wünscht, legt sie eine Plastikfolie auf und schließt dann den Karton. Die Tuben stehen mit der Öffnung nach oben im Paket. Befüllt werden sie dann in einer anderen Fabrik.
Tom und Jerry holen die fertigen Pakete ab und fahren sie ins Lager. Doch hier sind nicht etwa Katz und Maus unterwegs, sondern zwei Roboter. „Manchmal machen die echt, was sie wollen, und bleiben einfach mitten im Weg stehen“, sagt Reinigungskraft Stephanie Ries lachend. „Am Anfang fand ich das wirklich seltsam, wie der Roboter so ganz alleine hier herumfährt. Mittlerweile habe ich mich damit angefreundet.“ Mehr Arbeitsschritte werden aber in Zukunft nicht von Maschinen übernommen, versichert Produktionsleiter Krell.
— Tube des Jahres —
Die Auszeichnung: Die neuen Kunststofftuben, die die Firma Linhardt für den Karlsruher Drogeriemarkt dm produziert, wurden vom Europäischen Tubenverband als „Tube des Jahres“ in der Kategorie Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Bei dem als „Tube 4.0“ bezeichneten Projekt wurden alle Kunststofftuben der Marken Balea, Balea Men, alverde, SauBär, babylove und Jessa mit den Durchmessern 35 bis 50 Millimetern im Hinblick auf ihren Materialeinsatz optimiert. Um Kunststoff zu sparen, sind die neuen Tuben statt 0,5 Millimeter nur noch 0,35 Millimeter dünn. So können im Tubenschlauch 30 Prozent Kunststoffe eingespart werden. Darüber hinaus enthalten die Tuben einen höheren Anteil an recyceltem Kunststoff. Anstatt wie bisher aus mindestens 50 Prozent besteht die Tube 4.0 nun je nach Tubenaufbau aus mindestens 60 beziehungsweise 70 Prozent Recyclingkunststoff. So können 90 Tonnen Kunststoff pro Jahr eingespart werden. Auch bei den Aluminiumverpackungen setzt das Unternehmen auf recyceltes Material.
Der Karlsruher Drogeriemarkt dm bezieht seit 2017 für seine Markenprodukte Kunststofftuben aus dem Linhardt Werk in Hambrücken. BNN
190 Millionen Tuben produziert die Firma Linhardt pro Jahr in Hambrücken.